Beitrag des VZK für die Leipziger Volkszeitung
Mit der feierlichen Eröffnung des „Paulinums“ - aus diesem Anlass in der Leipziger Volkszeitung zu recht an späterer Stelle Pauliner- oder Universitätskirche genannt – wird jetzt in der Tat, wie es Sachsens Ministerpräsident Tillich in seiner Ansprache zutreffend beschrieben hat, „eine Wunde“ in Leipzigs Innenstadt „geheilt“ - „Endlich!“ möchte man ausrufen.
Diesem Auftrag, den etwa 60 zu Zeiten der DDR durch staatliche Willkür zerstörten Gotteshäusern auf unterschiedliche Weise zu irgendeiner Form der „Reanimation“ zu verhelfen, fühlt sich der 2012 gegründete „Verbund Zerstörte Kirchen“ (VZK) verpflichtet. Wir sind eine Arbeitsgemeinschaft von Fördervereinen und -gesellschaften, die sich eben dieses Ziel gesetzt haben, wobei unsere Bandbreite von Wiederaufbau oder Rekonstruktion über Gedenkstätten bis hin zur Entwicklung einer Erinnerungskultur reicht. Die Stiftung Universitätskirche St. Pauli gehörte zu unseren Gründungsmitgliedern, der Paulinerverein kam wenig später hinzu. Beide werden mit großer Genugtuung und berechtigtem Stolz die besondere Anerkennung Tillichs zur Kenntnis genommen haben, nach der durch ihr herausragendes bürgerschaftliches Engagement dieser Neubeginn gegen erhebliche Widerstände überhaupt erst möglich geworden ist. „Diesen Mutigen“ also , wie sie der Ministerpräsident in seiner bemerkenswerten Rede nennt, gehört für Ihren Einsatz vor und nach der Friedlichen Revolution unser ausgesprochener Dank!
Ihrem Redakteur Björn Meine ist nur beizupflichten, wenn er in seinem Kommentar die nun entstandene Architektur als „einmalig“ und „ganz und gar einzigartig“ bezeichnet. Und erst recht ist ist ihm zu folgen, wenn er – wie auch sein Kollege im benachbarten großen Beitrag zu den Eröffnungsfeierlichkeiten - das Gebäude als „neue Universitätskirche“ bzw. ganz einfach „Paulinerkirche“ bezeichnet, so wie es die Leipziger schon früher immer gehalten haben.
So vollendet sich (fast) nun in Leipzig etwas, von dem andere uns angeschlossene Initiativen nur träumen können: Ein Kirche-Aula-Bau ist in einem modernen Zitat wieder erstanden, Universität, Universitätsmusik und -gottesdienst haben wieder ihr angestammtes Zuhause. Die tiefe Spaltung, die sich angesichts dieser gewaltigen Aufbau-Anstrengung zeitweise in der Leipziger Bürgerschaft auftat und auch die Universität nicht verschonte, sollte nun allmählich überwunden werden, worüber die barbarische Zerstörungstat 1968 allerdings nie vergessen werden darf. Dieser gemeinsame Tenor war in allen Festreden wohltuend deutlich hör- und spürbar.
Ähnlich zum Erfolg führen wird nun hoffentlich auch der gerade begonnene Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam, von dem vor wenigen Wochen in der Leipziger Volkszeitung berichtet wurde. Die Zeit davor war ebenfalls begleitet von heftigsten Auseinandersetzungen. Auch hier ist zu wünschen, dass die „Wunden“ im Stadtbild sowie in den Herzen und Köpfen „geheilt“ werden.
Ganz anders jedoch sieht es etwa bei unseren Verbundpartnern in Magdeburg aus, die ausgerechnet im Reformationsjahr 2017 eine schwere Niederlage zu verdauen hatten, als durch schnöden Stadtratsbeschluss ihr Versuch zunichte gemacht wurde, wenigstens das gotische Portal der schon 1956 von den SED-Machthabern gesprengten, äußerlich noch weitgehend intakten Ulrichskirche als Erinnerungs- und Mahnmal aufzubauen. Dort steht man nun wieder ganz am Anfang...
Auch in Leipzig gibt es noch Nachholbedarf: Trotz einiger Erfolge, dem Johannisplatz wieder seine einstige stadträumliche Bedeutung zurück zu geben und dabei auch in angemessener Form an die mit der Sprengung des Turms 1963 erfolgte endgültige Vernichtung der Johanniskirche zu erinnern, wartet der seit Jahren hierfür äußerst engagierte Förderverein noch auf ein besonderes bauliches „Ausrufezeichen“: Fernziel bleibt weiterhin, den Turm der einstigen bedeutendsten Barockkirche Leipzigs wieder zu errichten und damit der Blickachse Augustusplatz/Universitätskirche – Johannisplatz/-kirche den früheren markanten Kontrapunkt zu verleihen.
"Durch Auslöschung wird Geschichte manipuliert", hat der Publizist Christian Schüle vor geraumer Zeit in der Leipziger Volkszeitung in einem Gastkommentar geschrieben. Damit wird eindrucksvoll unser Ansatz unterstrichen, gegen willkürliche Vernichtung von Kulturgütern unsere Stimme zu erheben und auf eine wie immer auch geartete "Wiedergutmachung" hinzuarbeiten.