Die Sprengung der Leipziger Universitätskirche am 30. Mai 1968 war die wohl spektakulärste Aktion der DDR-Behörden gegen ein völlig intaktes Kirchengebäude. Die SED begründete die vorsätzliche Zerstörung einer Kirche mit städtebaulichen Vorhaben in einer damaligen Bezirksstadt. Als Leitlinien für die sozialistische Stadtplanung in der DDR nach sowjetischem Vorbild galten seit 1950 die „16 Grundsätze des Städtebaus“. Darin waren Kirchen nicht vorgesehen. Drei Jahre später wurde SED-Chef Walter Ulbricht (Foto unten) deutlicher. Bei der Einweihung der damaligen Stalinstadt (heute: Eisenhüttenstadt) am 7. Mai 1953 erklärte er: „Ja! Wir werden Türme haben, zum Beispiel einen Turm fürs Rathaus, einen Turm fürs Kulturhaus. Andere Türme können wir in der sozialistischen Stadt nicht gebrauchen.“
Diese Turmrede bestimmte künftig die Planungen, die vor allem in den Bezirksstädten nicht selten mit Dynamit oder Preßlufthammer durchgesetzt wurden. Von 1949 bis 1985 wurden auf DDR-Gebiet ca. 50 Kirchen gesprengt oder abgerissen. Den traurigen Spitzenplatz nimmt die Stadt Berlin mit siebzehn Kirchenverlusten ein, gefolgt von Magdeburg und Dresden. Die alte Kaiserstadt Magdeburg verlor die ältesten Kirchenbauten, die bis an den Anfang unserer deutschen Geschichte zurückreichen. Die meisten Kirchenbauten hätten nach Einschätzung von Fachleuten gerettet werden können.
Das neue Städtebaubild, die verkehrsgerechte, aufgelockerte Stadt der "großzügigen" Raumstrukturen und imposanten "Bildzeichen"- Architekturen sollte mit industriellen Neubauverfahren realisiert werden. Extensiver Wohnungsbau an der Stadtperipherie und die völlige Vernachlässigung der Werterhaltung in den Altbauwohngebieten sowie das Unvermögen, wirklich neue, kulturell und wirtschaftlich geeignete Strategien des innerstädtischen Bauens zu entwickeln, führten schließlich zum materiellen Kollaps und zum moralischen Bankrott des gesamten DDR-Bauwesens. Die Journalistin Cornelia Heller faßt die damalige Situation der Städte in ihrer Dokumentation "Blick aufs Land" wie folgt zusammen: "Magdeburg war schmutzig, zugig und schwer von Krieg, nachkrieglicher, teilweise einen Ästheten sprachlos machender Häßlichkeit und eklatanter Vernachlässigung gekennzeichnet. Magdeburg war eine Zumutung für jeden Zugereisten. Und die Städte Sachsen-Anhalts wie Halle, Dessau, Merseburg, Lutherstadt Eisleben, Wittenberg und Quedlinburg nicht minder. Sie waren grau vor Industriedreck, kaputt mangels Geld und Vernunft, die altstädtische, aber vorhandene historische Substanz so gut wie dem Tode geweiht.