Kirchensprengung 2-spaltiges Layout
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Dresden

Dresden ist trotz anerkennenswerter denkmalpflegerischer Leistungen durch die DDR-Wiederaufbaumaßnahmen zu einer zusammenhangs- und raumlosen, weiten und leeren Stadt geworden: Der riesige Altmarkt, der seit seiner Fertigstellung vor allem als Parkplatz diente, die übermäßig breite Magistrale, die nichts von der in der Planung beabsichtigten repräsentativen Festlichkeit besitzt, die noch unbebauten Flächen im nördlichen Teil des ehemaligen historischen Kerns, die überdimensionierte Fußgängerzone der Prager Straße und die strukturlose Weite der umgebenden Bereiche machten das Zentrum Dresdens zu einer Stadtlandschaft, in der das räumliche Gefühl nirgends einen Halt fand und zu allem Überfluß auch noch die gotische Sophienkirche gesprengt wurde. Bei einer Vorstellung eines Stadtmodells von Dresden brach Walter Ulbricht die Sophienkirche eigenhändig mit den Worten ab: „Eine sozialistische Stadt braucht keine gotischen Kirchen“. Von den historistischen Kirchenbauten des 19. und 20. Jahrhunderts fielen ganze neun den Sprengladungen der SED zum Opfer.

Sophienkirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  1250 als Franziskanerkloster gegründet, Ersatz der Saalkirche durch zweischiffige Hallenkirche ab 1331, um 1400 Anbau der Grabkapelle der berühmten Dresdner Familie Busmann, ab 1737 ev. Hofkirche, 1718 Einbau einer Silbermannorgel, 1864 neogotische Helme, 1930 Kupferhelme, 1945 ausgebrannt, Gewölbe stürzten infolge von Verwitterung und mangelnder Tragfähigkeit der Säulen im Kirchenschiff 1946 ein

DDR-Zeit: Verbliebener Turmhelm des Südturmes 1950 gesprengt, trotz großer Proteste von Dresdner Denkmalpflegern, Architekten und Bürgern Abriß der Reste der Kirche 1962 auf Beschluß der Partei- und Staatsführung der DDR, am Vorabend des 1.5.1963 Beendigung des Abrisses der ältesten Dresdner Kirche

St. Franziskuskirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  Im lombardischen Stil des 12. Jahrhunderts von 1852 bis 1855 errichtet, durch Zuzug böhmischer Militärangehöriger Notwendigkeit eines Neubaus für die katholische Franziskus-Xaverius Gemeinde, Architekt Heinrich Hermann Bothen, einschiffiger Bau, an dessen Seiten angegliederte Funktionsgebäude, Chor von zwei 45 m hohen Türmen flankiert, nach dreijähriger Bauzeit Weihe am 30. November 1855, Innenraum bot 400 Personen Platz, Kirche bildete zusammen mit der gegenüberstehenden Dreikönigskirche die Dominante der Dresdener Neustadt, am 13./14. Februar 1945 bei der Bombardierung Dresdens ausgebrannt

DDR-Zeit: Ein Turm und Außenmauern erhalten, 1957/58 abgetragen

Anglikanische Kirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  1841 Gründung einer anglikanischen Gemeinde in Dresden, ab 1865 Bemühungen um Kirchenbau, durch private Stiftung eines Londoner Geschäftsmannes (180.000 Mark) von 1868 bis 1869 erbaut, am 27. November 1869 Weihe der Kirche, Bauwerk im Stile der englischen Gotik des 13. Jahrhunderts von Architekt A. Pieper errichtet (Early English Style), dreischiffige Anlage mit Querschiff und Chor sowie frei stehendem Glockenturm, besonders wertvolle Glasmalereien aus Birmingham, am 13./14. Februar 1945 bei der Bombardierung Dresdens ausgebrannt

DDR-Zeit: 1952 abgerissen, im Anschluß monoton überbaut

Johanneskirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  Gründung der Johanneskirchgemeinde am 30. Mai 1877 in der Pirnaischen Vorstadt, Grundsteinlegung am 29. Juni 1874, errichtet durch den Zwickauer Architekten Gotthilf Ludwig Möckel im Stil der Neogotik, Fertigstellung und Weihe am 24. April 1878, 900 Quadratmeter großer Innenraum mit zwei Emporen und 931 Sitzplätzen, für 612.968 Mark errichtet, erster evangelischer, neugotischer Kirchenbau Sachsens, am 13./14. Februar 1945 bei der Bombardierung Dresdens ausgebrannt, aufgrund ihrer massiven Bauweise jedoch keine Schäden am Mauerwerk

DDR-Zeit: 1951 Beseitigung des Kirchenschiffes, am 8. April 1954 Sprengung des Turmes gegen den Protest vieler Dresdener Bürger, bis 1994 Grünfläche

Erlöserkirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  Errichtung durch Böhmische Exilanten von 1878 bis 1880 in 15-monatiger Bauzeit, Architekt Gotthilf Ludwig Möckel, 180.000 Mark Baukosten, dreischiffige Kirche mit 840 Sitzplätzen, die bis zu 1000 Menschen faßte, schlanker Turm von 60 Metern Höhe, bis 1911 ca. 40.000 Gemeindemitglieder, am 13./14. Februar 1945 bei der Bombardierung Dresdens ausgebrannt

DDR-Zeit: Grundmauern und Turm erhalten geblieben, wiederaufbaufähiger Zustand, 1960 Enteignung des Grundstückes für den städtischen Wohnungsbau, im Winter 1961/62 von den DDR-Behörden abgerissen, heute mit saniertem Wohnungsgebäude bebaut

Evangelisch-Reformierte-Kirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  Evangelisch-Reformierte Kirche der Hugenotten ab 1669 in Dresden, später mehr deutsche als französische. Gemeindemitglieder, Entwurf von H. J. von  Bosse, Weihe 1894, calvinistische Baugesinnung: unkomplizierter, klarer Baukörper, zentralistische Raumtendenz, fehlender Chor, Kanzel in der Mittelachse des Raumes, kompakter Klinkerbau mit rundbogigen Fenstern, Fensterrose über Eingangsportal im Westen, dreischiffige, dreijochige Halle mit 710 Sitzplätzen, Teilzerstörung im Februar 1945 bei den Bombenangriffen der Britten, 1947 Behelfsdach

DDR-Zeit: 1949-1956 Nutzung als Notkirche, dann Umzug der Gemeinde in ein neues Haus am Brühlschen Garten, 1961 Nutzung des Baus als Kabarett "Die Herkuleskeule", 1963 abgetragen, bis zur Wende Wiese, heute Baugrube

Jakobikirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  1884 Gründung der Jacobigemeinde (15.000 Mitglieder) aus Abspaltung der zu groß gewordenen Annenkirchgemeinde, 1897 Neubau des Gotteshauses auf Gelände des aufgegebenen Jacobihospitals, Architekt Jürgen Kröger, 1901 Weihe, neoromanischer Sandsteinbau mit 80 m hohem Mittelturm, 1300 Sitzplätze, Empore für über 100 Sänger, große Orgel, Standort am Wettiner Platz, am 13./14. Februar durch Brandbomben teilzerstört

DDR-Zeit: 1953 Sprengung der gut erhaltenen und wiederaufbaufähigen Ruine im Rahmen der so genannten Großflächenenttrümmerung, Kirchenstandort bis heute unbebaut

Johannstädtische Anstaltskirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  1889/90 aufgrund einer Grippewelle Beschluß des Stadtrats, neues Klinikum mit Krankenhauskirche zu errichten, 1898 Baubeginn, 1901 Weihe der zentral gelegenen Kirche, Entwurf von Stadtbaurat Edmund Bräter, Kombination aus romanischen und barocken Formen, Kircheninnere  in Formen des Jugendstils gehalten, 30 m hoher Turm, 310 Sitzplätze, am 13./14. Februar ausgebrannt, Außenmauern und Turm erhalten, besserer Erhaltungszustand als die Krankenhausgebäude, 1946 Beschluß der Krankenhausleitung für Abriß

DDR-Zeit: Im Frühjahr 1950 Abbruch der als "kunstgeschichtlich nicht wertvoll" eingestuften Kirche, danach Grünfläche, heute Seelsorgezentrum auf Standort

Ehrliche Gestiftskirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  Schul- und Armenstiftung von Senator und Kaufmann Johann George Ehrlich (1676-1743), Ehrliches Gestift 1742 gegründet, durch großzügige Schenkung Kauf des Baulandes am Stübelplatz (heute Straßburger Platz), 1904-1907 nach Plänen von Emil Scherz erbaut, 1912 Gesamtkomplex fertig gestellt, schlichte Innenausstattung, Kirche ohne Gemeinde, reges Konzertleben, nach der Bombardierung am 13./14. Februar ausgebrannt, relativ guter, wiederaufbaufähiger Zustand

DDR-Zeit: Sprengung am 4. August 1951, danach Grünanlage

Amerikanische Kirche

Originalzustand

Vor der Sprengung

Geschichte:  Dreischiffige Hallenkirche, 1883-1884 in neogotischem Stile im Ensemble mit dem Pfarrhaus von Architekt Dögel errichtet, Standort südlich des Hauptbahnhofes, Bau durch eine Stiftung der Amerikanerin Mrs. Thompson ermöglicht, "American Church of St. John" genannt, im Jahre 1900 ca. 200 Mitglieder, 1945 bei den Bombardements ausgebrannt, Turm völlig intakt

DDR-Zeit: 1953 Versuch des Landesamtes für Denkmalpflege, die Kirche zur Rettung übertragen zu bekommen, 1957 Vorschlag der eines TH-Professors, die Kirche für die Studentengemeinde wieder aufzubauen, Ablehnung, da die Kirche im Areal der TH Dresden "störe", 1959 Sprengung des intakten Turmes und der Außenmauern

Aktualisiert am 10.11.2010