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Andreas Kitschkes Antwort an "Die Zeit"

Andreas Kitschkes Leserbriefantwort zu Matthias Grünzigs: „Der Ungeist von Potsdam“ (Die Zeit vom 31. 03. 2016, Link: <link http: www.zeit.de ns-zeit-geschichte-potsdam-garnisonkirche>www.zeit.de/2016/15/ns-zeit-geschichte-potsdam-garnisonkirche )

"Als unmittelbar Angesprochener sehe ich mich veranlasst, auf diesen Beitrag zu reagieren. Grünzigs Vorwurf lautet: „Das Buch Die Garnisonkirche – Krone der Stadt und Schauplatz der Geschichte  [...] blendet die unselige Rolle des Gebäudes währen d der Weimarer Republik  und im Nationalsozialismus fast vollständig aus“. Das ist falsch. Im Gegensatz zu ihm habe ich die ganze Breite der geschichtlichen Ereignisse dargestellt, und wie es sich für eine wissenschaftliche Arbeit gehört, mit genauen Quellennachweisen belegt. Dasselbe gilt für die Bildnachweise. Dort, wo es sich um Computersimulationen handelt, sind diese auch als solche gekennzeichnet. In meinem Buch werden die dunklen Seiten der Geschichte dieses besonderen Ortes nicht ausgelassen, sondern mit Zitaten belegt und in den jeweiligen Zusammenhang gestellt. Genau dieses wissenschaftliche Vorgehen vermisse ich in Grünzigs Beitrag. Der Vorwurf, etwas auszublenden, fällt auf den Autor zurück. Denn seine Polemik, die nur Schwarz und Weiß, aber keine Zwischentöne kennt, erinnert an einen „Tunnelblick“. Wer ein Sammelsurium von Fakten und Verdächtigungen aneinanderreiht (beides ist  mangels Quellennachweisen bei ihm nicht zu unterscheiden!), ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, sie in den historischen Kontext einzuordnen, kann nicht für sich beanspruchen, sauber zu recherchieren. Da werden die wenigen Naziveranstaltungen (welche die Pfarrerschaft zu verhindern gesucht hatte, was am Staatseigentum der Garnisonkirche scheiterte) mit Gottesdiensten, in denen für Führer und Regierung gebetet wurde, munter vermengt. Als in der DDR aufgewachsener evangelischer Christ kann ich mich gut erinnern, dass in unseren Gottesdiensten auch für die Staatsführer der DDR Fürbitte gehalten wurde. Das sagt lediglich aus, dass Christen Gott bitten, die Regierenden auf den rechten Weg zu lenken. Dass die Evangelische Kirche der Weimarer Zeit kein Hort der Demokratie war, ist bekannt; das gilt für die Garnisonkirche nicht mehr als für andere Orte! Dass die Nationalsozialisten in perfider Weise die Bekanntheit der Garnisonkirche und der darin ruhenden beiden Preußenkönige nutzten und dieser Missbrauch bis heute – bis zum Aufsatz von Herrn Grünzig – fortlebt, ist das eigentlich Erschreckende. Hier feiert das alttestamentliche Ritual des „Sündenbocks“ (nachzulesen im 3. Buch Mose Kapitel 16 Vers 10) fröhliche Urständ! Dem Förderverein und der Stiftung Garnisonkirche kommt es vor allem auf die Wiederherstellung eines der schönsten Barocktürme Europas an, der zum barocken Stadtbild gehört. Wider besseres Wissen den Wiederaufbaubefürwortern der Garnisonkirche zu unterstellen, sie würden den „Ungeist von Potsdam“ heraufbeschwören, ist geradezu abenteuerlich. Das Nutzungskonzept ist für Jedermann zugänglich und zielt darauf ab, dass Christen Fehler der Vergangenheit erkennen und ihr Gewissen für verantwortliches gesellschaftliches Handeln schärfen. Die lebhafte Debatte zeigt, dass kein anderer Ort in Deutschland hierfür geeigneter ist als die Garnisonkirche. Damit liefern Gegner wie Grünzig selbst das stärkste Argument für ihren Wiederaufbau!"

Aktualisiert am 15.04.2020